de_DEen_US
Cover picture of Norbert Krueler aka Shamall from his latest release "Schizophrenia"

Shamall – the official pages

Eclipsed Magazin – „Wir sind alle keine Engel“

Interview mit Norbert Krüler „Wir sind alle keine Engel“.
Shamall spürt den ökologischen Inkonsistenzen unseres Tuns nach.
Von Walter Sehrer

Norbert Krüler alias Shamall hatte neben kreativem Überfluss auch genug Ärger angesammelt, um die Menschheit mit einem neuen Doppel-CD-Konzeptalbum zu beschenken. Auf „Schizophrenia“ beschäftigt er sich mit allerlei selbstquälerischen Gedanken: „Das ganze Album dreht sich um diese soziopolitische, aber auch alltägliche Schizophrenie. Eigentlich wissen wir alle genau, was man tun müsste, sind dann aber Meister im Weggucken und Nicht-Umsetzen. Nimm beim Thema Umweltschutz nur mal als Beispiel den Plastikmüll. Wo kommen denn all die gelben Säcke her? Oder Leute, die bedauern, dass unsere Generation bei dieser Aufgabe versagt habe, dann aber just eine Kreuzfahrt buchen. All diese unglaublichen Widersprüche. Wir sind alle keine Engel. Dabei wäre schon so viel im Kleinen erreicht. Im Titelsong heißt es deshalb: „Ich geh‘ die Straße lang. Ich weiß, was falsch läuft, aber ich tu‘ gar nichts. Ich dreh‘ mich noch nicht mal um.“

Der Mangel an Selbstverzicht und Sorglosigkeit im eigenen Tun stünden diametral der Einsicht gegenüber, doch selbst die Verursacher der Klimaerwärmung und des Artensterbens zu sein: „Die Turbo-Verdreckung der Erde kann doch nicht so weitergehen, aber unsere Politiker sind zu mutlos.“ Greta hält Shamall für eine „wichtige Leitfigur und eine echt ehrliche Haut“, doch nicht alle, die bei Demos wie „Friday for Future“ mitliefen, seien sich über den nötigen Konsumverzicht im Klaren.

Auch musikalisch hat Shamall sich auf „Schizophrenia“ besonders ins Zeug gelegt. So singt er diesmal höher als sonst. Ist der hohe Klageton passend zum Thema gewählt oder nur Zufall? „Nein, ich schätzte meinen Gesang immer schon als etwas verbesserungsbedürftig ein und habe nun Gefallen an der Tonart F gefunden, die für mich eine neue Herausforderung darstellte.“ So sehr, dass er später, als es ihn selbst zu stark an eine „Vorlesung“ erinnert habe, wieder eine ganze Reihe von Instrumentalstücken einbaute, um das Ganze auszubalancieren.

Und worauf ist er neben dem intensiveren Gesang noch stolz? „Auf die klassischen Einlagen, aber auch zum Teil härteren Gitarren. Weniger Pink Floyd als sonst in dieser Hinsicht. Mein eigener Lieblingstrack ist „The Inconvenient Truth P. II“, da ist ein heftiges Acht-Minuten-Gitarrensolo drauf. Aber auch dem Schlagzeug habe ich dieses Mal mehr Liebe geschenkt. Ich habe die Breaks weniger synthetisch, dafür mit individueller Rhythmik und natürlicher als früher gestaltet. Man muss ja mit sich selbst ins Gericht gehen. Am schlimmsten wäre es, langweilig zu sein. Tatsächlich ist es für mich nun mein bestes Werk.“

Als düster, bombastisch, floydig und spacig könnte man Shamalls Sound insgesamt beschreiben. Er selbst bezeichnet seinen Stil am liebsten als „Cinematic Rock“, da seine Musik immer präzise wie ein Film konzipiert sei. Da komme der „alte DJ“ in ihm durch, bemerkt er. Live werde er seine Musik in einem „völlig übersättigten Markt“ allerdings keinesfalls aufführen, dieser Aufwand würde ihm sonst jede Motivation für zukünftige Platten nehmen.

c/o Walter Sehrer, 2020

Der Artikel ist auch in English verfügbar.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Comments

Schreibe einen Kommentar